15. August 2007: VVN/BdA übernimmt Patenschaft
Die Gelsenkirchener Gruppe der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN/BdA) übernimmt die Patenschaft für den Stolperstein, der Erich Lange gewidmet wird.
In der Mail vom 18. März 2008 an das Institut für Stadtgeschichte haben wir Prof. Dr. Stefan Goch gebeten, die bisher recherchierten Ereignisse im Zusammenhang mit der Ermordung des Erich Lange zu prüfen.
Heute, am 75. Todestag von Erich Lange, greift die WAZ Gelsenkirchen überraschend das Thema auf, und so erfährt eine breite Öffentlichkeit vom der Ermordung des Erich Lange durch einen Nationalsozialisten, ein SS-Mann aus Gelsenkirchen.
WAZ schreibt dazu am 22. März 2008:
„Erschlagen und zertreten“
Heute vor 75 Jahren ermordeten die Nazis Erich Lange. Über den Hintergrund der Tat ist bisher wenig bekannt.Der Neustädter war 1932 von der SS zu den Kommunisten übergelaufen. Flohmarktfund in Chemnitz
Wenn die Rede auf Menschen kommt, die in Gelsenkirchen die Nationalsozialisten politisch bekämpften und dies mit dem Leben bezahlen mussten, fallen häufig Namen wie zum Beispiel der des 1932 ermordeten Sozialdemokraten und Reichsbanner-Mannes Johann Schlenkhoff oder der des 1944 hingerichteten Kommunisten Fritz Rahkob. Kaum verankert ist dagegen im heutigen Bewusstsein Erich Lange.
Heute vor genau 75 Jahren, am 22. März, ist der Neustädter von Nazis ermordet worden. „Kommunistischer Funktionär erschossen“, titelte die Gelsenkirchener Allgemeine Zeitung am 23. März 1933. Und weiter hieß es in der Kurzmeldung: „Gestern vormittag wurde der kommunistische Funktionär Erich Lange, Schwanenstraße wohnhaft, in der Litzmannstraße erschossen. Der Täter, ein SS-Mann aus Gelsenkirchen, hat sich freiwillig der Polizei gestellt. Er gibt an, aus Notwehr gehandelt zu haben.“ Und: Als „Verräter an der nationalen Sache“ wird Lange in dem Bericht bezeichnet, weil er einst der SS angehört habe.
Dass der Ermordete ein Überläufer war, stellten auch die Teilnehmer (darunter auch Zeitzeugen) eines VHS-Kurses in 1982 fest, die sich damals mit „Beispielen der Verfolgung und des Widerstands in Gelsenkirchen 1933-45“ auseinandersetzten. Die Sache mit der Notwehr stellt sich hier allerdings ganz anders dar: „Erich Lange wurde in der Nacht vom 21./22.3.1933 von SS-Leuten erschlagen, erschossen und zertreten“ heißt es in dem VHS-Abschlussbericht. „Freunde, die seine Leiche in der Leichenhalle noch einmal sehen konnten – was zu einem späteren Zeitpunkt bei anderen Ermordungen nicht mehr möglich war – waren kaum in der Lage ihn wiederzuerkennen. …. Der Antifaschist Erich Lange wurde auf dem Westfriedhof in Hessler beerdigt. Trotz des Terrors, den die SA und SS veranstaltete (sie standen während des Zuges Spalier), begleiteten ca. 200 Leute den Sarg … .“
Im Sommer 1932 soll Lange die SS verlassen haben und in den „Kampfbund gegen den Faschismus“ eingetreten sein. Quellen und Dokumente über ihn und sein Schicksal liegen dem Institut für Stadtgeschichte nicht vor. Mit einer Ausnahme: Der frühere Gelsenkirchener Rechtsdezernent Wilhelm Mensing fand auf einem Flohmarkt in Chemnitz einen Aufruf an „Werktätige von Hassel“. In dem Flugblatt werden diese zur „Öffentlichen Vollversammlung des Kampfbundes gegen den Faschismus“ eingeladen. Als Redner wird der „zur roten Front übergetretene SS-Mann Erich Lange“ angekündigt.
„Überläufer waren damals keine Seltenheit“, weiß Prof. Stefan Goch vom Institut für Stadtgeschichte (ISG). Der Wissenschaftler arbeitet zurzeit an einem Buch über Menschen, die sich politisch widersetzten. Rund 2000 Personen zählten dazu, so Goch, die von den Nazis als Gegner auf unterschiedliche Weise verfolgt wurden – bis hin zur Ermordung.
Mehr Informationen über Erich Lange könnte eine entfernte Verwandte haben, die sich kürzlich telefonisch bei der WAZ meldete. Er sei damals noch sehr jung gewesen und möglicherweise von den Kommunisten „verheizt“ worden, sagte sie.
Von Lars-Oliver Christoph, Artikel auf: http://www.derwesten.de/nachrichten/staedte/gelsenkirchen/2008/3/21/news-32258796/detail.html