Gelsenkirchen wollte Dokumente nicht haben

Joseph P. Krause übergibt 10 Ordner Dokumentation an Stadtarchiv Neuss

Das Stadtarchiv Neuss hat jetzt die ersten 10 Aktenordner – die bisher umfangreichste, biographische Sammlung von Materialien zur Person des Pater Vell – übernommen und unter der Signatur D.04.K.13 archiviert. An seinem Wirkungs- und Leidensort Gelsenkirchen, wo Pater Vell an St. Joseph Schalke von der Gestapo nach der Denunziation durch den SS-Mann Wilhelm Ferlmann von der Gestapo verhaftet wurde, war niemand an den Vell-Dokumenten interessiert. Krause hatte die Überlassung der Dokumente dem Institut für Stadtgeschichte in Gelsenkirchen in der Vergangenheit mehrfach angeboten – vergebens.

Joseph P. Krause, der seit seiner Pionierzeit in Israel offiziell auch den hebräisierten Zweitnamen „Joseph Israel Ben Gal“ trägt, hatte seit 1946 Dokumente zum „Volksgerichtshof“-Todesurteil gegen Pater Vell, der mit der Familie Krause befreundet war, gesammelt. Ein Teil der Akten wurde nach dem II. Weltkrieg von NS-Kadern auch in Gelsenkirchen wiederholt bei Krause beschlagnahmt und 1983 in Neuss unter zweifachem Mordversuch aus Krauses Wohnung geraubt. So mußte Krause die Akten, von denen ein kleines Konvolut seit Jahren bei Yad Vashem in Jerusalem deponiert ist, mehrmals in mühevoller Arbeit rekonstruieren. Krause stand mit Pater Vell bis zu dessen Tod 1965 in Verbindung. Auf Antrag von Joseph P. Krause hob 1999 die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Berlin I das Todesurteil auf.

Seit Jahren setzt sich Krause unermüdlich dafür ein, dass Pater Vell ein ehrendes Andenken im öffentlichen Raum der Stadt Gelsenkirchen gewidmet wird. Bereits im Jahr 2004 hatte Krause in einem Brief an Oberbürgermeister Baranowski geschrieben: „(…) Da Pater Vell nicht nur eine Zierde Gelsenkirchens darstellt, sondern auch der Jugend als Vorbild vorgestellt werden kann, möchte ich Sie bitten, nach Ihren Möglichkeiten Herrn Pater Vell posthum eine Ehrung der Stadt Gelsenkirchen zukommen zu lassen. Für durchaus realisierbar halte ich meinen Vorschlag, daß der bisher unbenannte Platz, auf dem die Pfarrkirche St. Joseph in Schalke steht, evtl. als „Pater-Vell-Platz“ nominiert wird. Ich denke, daß ich bei Ihnen Verständnis für meine Vell-Aktion finde. (…)“ Das lauthalse Schweigen aus Gelsenkirchen signalisierte Krause jedoch, dass hier weder für seinen Namenswidmungs-Vorschlag noch für die Archivierung der Vell-Dokumentation Bereitschaft vorhanden ist.

Vor dem Hintergund der Errichtung der Erinnerungsorte-Tafel werden wir die Anregung von Herrn Krause, den Platz vor der Kirche nach Pater Vell zu benennen, erneut vortragen. In Gelsenkirchen hatte es in der jüngeren Vergangenheit mehrere Benennungen von Plätzen nach Menschen, die sich dem NS-Regime entgegen stellten, z.B. den Rudolf-Bertram-Platz oder den Fritz-Rahkob-Platz, gegeben.

→ Initiative: Erinnerungsort für Pater Hermann Joseph Vell in Gelsenkirchen-Schalke

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