Halfmannshof will nun doch aufarbeiten

Die Entscheidung der Halfmannshöfener, nun doch die „Vergangenheit der Künstlersiedlung 1933-1945“ aufzuarbeiten, hätte ich mir persönlich „etwas früher“ gewünscht… Wie sagte der damalige südafrikanische Justizminister Dullah Omar im Jahr 1994:

„Wenn die Wunden der Vergangenheit heilen sollen, sind das
Aufdecken der Wahrheit und ihre Anerkennung von grundlegender Bedeutung“.

WAZ schreibt dazu:

Künstersiedlung bekennt sich zu seiner Historie auch in der NS-Zeit und strebt eine enge Zusammenarbeit mit dem Institut für Stadtgeschichte an. Lob vom Förderverein

Die Künstlersiedlung Halfmannshof will sich nun doch offen mit ihrer Vergangenheit vor allem in der Zeit des Nationalsozialismus auseinandersetzen. Dies hätten alle Mitglieder in einer Versammlung einstimmig so beschlossen, sagten gestern die Sprecher Helmut Kloth und Barbara Echelmeyer in einem Gespräch mit der WAZ. Nach „konstruktiver interner Diskussion des Themas“ sei eine von allen elf Mitgliedern getragene „gültige Positionierung“ formuliert worden, heißt es: „Der Halfmannshof bekennt sich zu seiner Geschichte als Ganzem, das heißt er befürwortet eine intensive historische Aufarbeitung besonders auch der Zeit von 1933 bis 1945“, heißt es in einer schriftlichen Erklärung.

Und: „Eine enge Zusammenarbeit mit dem Institut für Stadtgeschichte ist bereits angestrebt, mit dem Ziel, die nationalsozialistische Ära der Künstlersiedlung wissenschaftlich fundiert aufzuarbeiten.“ Ein Gespräch mit Prof. Stefan Goch vom Institut für Stadtgeschichte (ISG) habe es bereits gegeben, so Kloth. Der Halfmannshof besitze ein umfangreiches Archiv.

Ob und in welchem Umfang die Verwaltung bzw. das ISG tätig werden, konnte der zuständige Dezernent Manfred Beck gestern (noch) nicht sagen. Die Angelegenheit müsse zunächst im Verwaltungsvorstand besprochen werden.

Lob für die Erklärung der Halfmannshöfer Künstler gab es von Albert Ude: „Man muss sich zu seiner Geschichte bekennen.“ Nun gehe es darum, sich gelassen und differenziert mit den damaligen Vorgängen auseinanderzusetzen, so Ude. Im nächsten Schritt müsse geklärt werden, wie man damit umgehe. Wie berichtet, hatte Ude als Mitglied des sich zurzeit gründenden Fördervereins der Siedlung in der vergangenen Woche Kritik an Aussagen Kloths geübt. Dieser hatte auf Anfrage der WAZ die Notwendigung der Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte bestritten und erklärt, das „passe nicht in die Linie“. Neben Ude hatte sich daraufhin auch der Halfmannshof-Künstler Pedro Malinowski distanziert und erklärt, dass Kloth in dieser Angelegenheit nicht für die komplette Siedlung spreche. Zum Diskussionspropzess innerhalb der Siedlung wollte Kloth sich nicht äußern: „Das ist eine interne Angelegenheit.“

Kommentar von Lars Oliver Christoph in der gleichen Ausgabe der WAZ:

Chance nutzen

Seit 77 Jahren gibt es den Halfmannshof, doch vor so hohen Hürden (Sanierungsbedarf, Kulturhauptstadt etc.) stand die Siedlung bisher wohl selten. nUnd jetzt auch noch Negativschlagzeilen und Debatten über die NS-Vergangenheit – könnte man meinen. Das Gegenteil ist der Fall: Trotz der bisherigen Versäumnisse besteht nun eine Chance, die Diskussion ins Positive zu kehren und zu beweisen, dass man sich kritisch und offen der eigenen Geschichte stellt. Dass dazu Druck von außen, sprich: durch die von den Gelsenkirchener Geschichten angestoßene öffentliche Diskussion und aus dem Förderverein nötig war, ist schade, wird aber letztlich keine Rolle mehr spielen -wenn die Künstlersiedlung Ihrer Vantwortung denn gerecht werden sollte.

Quelle: WAZ Gelsenkirchen, von Lars-Oliver Christoph

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