DB AG gegen „Reichsbahn“-Opfer

Almosen der Deutschen Bahn unannehmbar

Als unannehmbar und beleidigend weisen frühere „Reichsbahn“-Deportierte eine „humanitäre Geste“ der Deutschen Bahn AG zurück. Das Nachfolgeunternehmen der NS-„Reichsbahn“, die etwa 3 Millionen Menschen in die Vernichtungslager fuhr, weigert sich, die Überlebenden zu entschädigen und bietet ihnen stattdessen je 25 Euro an.

Unter Abzug von Verwaltungskosten soll dieser einmalige Betrag auf etwa 200.000 „Reichsbahn“-Opfer in Osteuropa entfallen. Da an eine individuelle Barauszahlung nicht gedacht ist, müssen die 25 Euro sämtliche „Sachleistungen“ abdecken. Jeweils 500 Euro hatte die DB AG in diesem Sommer den Leidtragenden eines zeitweisen Ausfalls von Klimageräten in ihren ICE-Zügen überwiesen.

„Angesichts der Schwere der physischen und moralischen Verbrechen bei der Deportation der Gefangenen“ seien „Form und Umfang“ des DB-Angebots „unannehmbar“, schreiben Opferverbände aus der Ukraine, Weißrussland und Russland in einer „Gemeinsamen Erklärung“. Ihre Mitglieder, die heute in hohem Alter sind, waren zumeist als Kinder mit der „Deutschen Reichsbahn“ verschleppt worden. Sie hatten sich im Frühjahr 2010 an die DB AG gewandt und auf die Schulden des Vorgängerunternehmens hingewiesen.

Nach vorsichtigen Schätzungen nahm die „Reichsbahn“ bei den Deportationen in West- und Mittelosteuropa mindestens 445 Millionen Euro heutiger Währung ein. Der Betrag ging nach 1945 in den Eigentumsfonds der Bundesrepublik und der DDR über, wurde aber den Opfern nie zurück gezahlt. Unter Berücksichtigung von Zinsen handelt es sich inzwischen um rund 2,2 Milliarden Euro.

Der Konflikt zwischen der DB AG und den NS-Opfern belastet die bevorstehenden Feierlichkeiten zum 175. deutschen Bahnjubiläum. Den Festakt wollen Bahnchef Grube, die Bundeskanzlerin und 500 prominente Gäste aus Wirtschaft und Politik Anfang Dezember in Nürnberg begehen. In- und ausländische Opferorganisationen unterstützen eine Protestdemonstration, die der „Zug der Erinnerung“ angekündigt hat, ebenfalls in Nürnberg. Die Bürgerinitiative, die in dieser Woche den Preis der EU für zivilgesellschaftliches Engagement erhielt, nennt die DB-Feiern „amoralisch und obszön“, „solange die Opfer in materieller Not leben und auf eine angemessene Ehrung noch immer warten müssen.“

Pressemitteilung der Bürgerinitiative „Zug der Erinnerung“ vom 19. November 2010

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