NS-Kindertransporte: Zwangsgebühren der DB AG für das Gedenken

Aufruf für die Kinder von Westerbork

Für das Gedenken an die Massentransporte tausender Kinder und Jugendlicher aus den besetzten Niederlanden in das NS-Vernichtungslager Sobibór im Juni vor 70 Jahren will die Deutsche Bahn AG Gebühren in Höhe von über 10.000.- €. erheben. Weitere 40.000.- € aus Gebühren für das Gedenken an die NS-Opfer hat die DB AG dem „Zug der Erinnerung“ bereits entzogen und verweigert die Rückzahlung. „Diese Summe fehlt, um in den kommenden Monaten auf den deutschen Bahnhöfen an die ‚Reichsbahn‘-Deportationen aus den Niederlanden zu erinnern“, heißt es in einer Pressemitteilung der Bürgerinitiative „Zug der Erinnerung“.

Höhepunkt der Deportationen aus den Niederlanden waren Massenverschleppungen im Mai und Juni 1943. Sie begannen jeden Dienstag im NS-„Durchgangslager“ Westerbork. Am 8. Juni 1943 wurden in Westerbork 1.269 jüdische Kinder und Jugendliche verladen. Die „Reichsbahn“ schickte sie in 46 Waggons auf eine dreitägige Todesfahrt. In den verschlossenen Güterwagen führte die Verschleppung quer durch Deutschland und endete in Ostpolen. Dort wurden die Deportierten unmittelbar nach ihrer Ankunft erschossen oder vergast. Von den 1.269 Kindern des Juni-Transports, unter denen sich auch Kinder deutscher Emigranten befanden (darunter Kinder aus Berlin, Brandenburg, Frankfurt a.M., Hannover und Dortmund) kehrte aus Sobibór keines zurück.

Aufruf für die Kinder von Westerbork

Die 70. Wiederkehr des Deportationsdatums wird in den Niederlanden, in Polen und in der Tschechischen Republik mit Feierlich-keiten begangen werden. Da sich unter den Deportierten mehrere US-Bürger befanden, betrifft das Gedenken auch die diplomatischen Vertretungen der USA. „In der Bundesrepublik übt die Deutsche Bahn AG, das Nachfolgeunternehmen der Mordbeihelfer, einen indirekten Gedenkboykott aus. Für die Erinnerung an die Sobibór-Opfer verlangt die DB AG Geld. Zahlen muss der ‚Zug der Erinnerung'“, heißt es in der Pressemitteilung.

Die Abgaben (für Schienennutzung und Bahnhofsaufenthalte) reicht die DB AG an eine Bundesstiftung unter Kontrolle des Bundesfinanzministers weiter. Ausdrücklich verfügt hat die DB AG, daß diese Gelder nicht für den „Zug der Erinnerung“ bestimmt sind, obwohl sie von der Bürgerinitiative bezahlt wurden. Einen Förderantrag für die Fahrt des Zuges entlang der früheren Deportationsstrecke im Mai und Juni lehnte die Bundesstiftung ab.

„Diese Maßnahmen hat die DB AG mit dem Bundesverkehrsministerium abgestimmt. Verantwortlich für den Boykott ist der Eigentümer der Deutschen Bahn AG, die Bundesregierung in Berlin“, heißt es in der Pressemitteilung. Trotz erheblicher Finanzierungsprobleme will die Bürgerinitiative im Mai und Juni auf mindestens 10 deutschen Bahnhöfen von den in Sobibór ermordeten Kindern Abschied nehmen. Dabei kooperiert der „Zug der Erinnerung“ mit den deutschen „Child Survivors (Überlebende Kinder der Shoah)“ und mehreren Opferorganisationen in den Niederlanden.

Geschwister Günsberg aus Gelsenkirchen. Ermordet in der Gaskammer  von Sobibor

Abb.: Die Geschwister Günsberg, geboren in Gelsenkirchen, wurden am 26. März 1943 in der Gaskammer von Sobibor ermordet. Lothar wurde 14, Fanny Susanne 19 Jahre alt.

Bitte kommen Sie auf die Bahnhöfe, um Abschied zu nehmen

An die Kinder von Westerbork erinnert auf den deutschen Bahnhöfen nichts. Statt die verschleppten Kinder, die Jugendlichen und alle anderen Deportierten an den Orten ihrer letzten Fahrt durch Deutschland zu ehren, läßt sich die Deutsche Bahn AG das Gedenken bezahlen.Vom „Zug der Erinnerung“ verlangt die DB AG hohe Gebühren für die Benutzung der Schienen und den Halt auf den Bahnhöfen. Siebzig Jahre nach den Verbrechen rufen wir auf, von den Kindern Abschied zu nehmen – trotz aller Boykottversuche.

Weitere Infos und Termine: Aufruf für die Kinder von Westerbork

(Quelle: PM Zug der Erinnerung v. 17.4.2013)

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