Studienfahrt nach Buchenwald

Naturfreundejugend in Buchenwald

Knapp 2000 Jugendliche aus 12 verschiedenen Nationen in den 4 Jugendherbergen der Stadt Weimar- das Jugendtreffen zum Gedenken an die Selbstbefreiung des Konzentrationslagers Buchenwald vor 63 Jahren war international. Mit dabei: Die Naturfreundejugend NRW. Mit Fahnen, Postern und einem großen Transparent vertraten wir mit 16 Naturfreunden zwischen 14 und 50 Jahren die Bewegung. Dank der ausgezeichneten Organisation waren wir omnipräsent und machten deutlich: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung, der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“ (Schwur von Buchenwald)

Bereits am Freitag nahm sich ein Vertreter des VVN-BdA etwas Zeit, uns über das Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers zu führen und uns so einen Überblick über die Gedenkstätte zu geben. Die folgenden Tage des Wochenendes waren mit dem Programm der Organisatoren der Gedenkfeier gefüllt: Ein 8 km langer Marsch vom Ortskern Weimars zum Ettersberg, Diskussionen rund um das Thema Faschismus in Deutschland zur NS-Zeit und heute und offizielle Feierlichkeiten zum Gedenken der Opfer des Naziregimes in Buchenwald. Doch abseits des regulären Programms konnte Jan auch ein Zeitzeugengespräch mit einem ehemaligen Häftling organisieren: Gert Schramm wurde im Alter von 14 Jahren von den Nazis inhaftiert und kurze Zeit später nach Buchenwald deportiert. Dort war er der jüngste und einzige dunkelhäutige Insasse des KZ. Doch trotz seiner erbarmungslosen Geschichte strahlt Gert Schramm heute, im Alter von 80 Jahren, Kraft und Lebensfreude aus, mit der er seine Zuhörer fesselt.

Wir freuen uns besonders, dass Gert Schramm die NaturFreundeJugend in NRW bald besuchen und seine Erfahrungen vor Ort an andere weitergeben will. Doch bewegt hat nicht nur das Zeitzeugengespräch an diesem Wochenende. Es sind gerade die kleinen Dinge, zufällige Momente und situative Eindrücke, die den Teilnehmern in Erinnerung bleiben werden. Wir bewunderten die unglaubliche Kraft der ehemaligen Insassen, die zu der Gedenkfeier in ihrer alten Häftlingskleidung erschienen. Jeden Einzelnen bestürzten die Überreste der menschenverachtenden Taten, die sich in den Baracken des Lagers abgespielt haben. Und allem gemein: Das „Buchenwald-Gefühl“- ein Empfinden zwischen Trauer und Beklemmung, zwischen Furcht und Machtlosigkeit, das einen ergreift sobald man durch das eiserne Tor auf den riesigen leeren Appellplatz tritt. Hier mussten vor 70 Jahren die Insassen des KZ bei teils eisiger Kälte und Schnee zweimal täglich stundenlang still stehen. Unbegreiflich, unverständlich, lähmend.

Was besonders deutlich wurde ist die alles durchdringende Ambivalenz. Das Buchenwald-Lied zum Beispiel, das von den Häftlingen mit Hoffnung und Glauben, von den Aufsehern jedoch mit Hohn und Spott gesungen wurde. Und auch der Gegensatz zwischen dem Terror und Tod zu den Zeiten Adolf Hitlers und dem Sonnenscheinwetter, dieser Tage, welches das leere weite Gelände auf dem Berg fast idyllisch erscheinen lässt und den Schrecken der alten Tage zu verhüllen scheint. Es fällt schwer zu beschreiben, was man empfindet und fühlt, wenn man diesen Ort des Schreckens betritt. Mehr als 56.000 unschuldige Menschen kamen hier in der Zeit zwischen 1937 und 1945 ums Leben. Gestorben an Hunger oder Erschöpfung, gequält und gepeinigt von den erbarmungslosen Offizieren der SS, systematisch ausgerottet durch die perfiden Methoden der Nazi-Ideologie.

Was uns bleibt, ist nun die Verarbeitung. Um das Ausmaß dieser Stätte erfassen zu können, braucht es mehr Zeit als nur ein Wochenende. Um selbiges jedoch zu begreifen, dafür reicht wohl nicht einmal ein Leben.

Quelle: Sarah Goeken und Philip Biessey, Naturfreundejugend – Aktivpost Nummer 1 Juli / August 2008

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