Workshop des ISG

Workshop des Instituts für Stadtgeschichte: „Erinnern-Gedenken-Dokumentieren, Vergangenheitspolitik und Erinnerungskultur“

Dr. Priamus, Leiter des Instituts für Stadtgeschichte in Gelsenkirchen (ISG)

Aus Anlass des 20-jährigen Bestehens des Instituts für Stadtgeschichte in Gelsenkirchen (ISG) fand am 2. Oktober ein ganztägiger Workshop in Gelsenkirchen statt. Der Leiter des Instituts für Stadtgeschichte, Dr. Priamus, begrüßte am Morgen die  Teilnehmer.

Zum Auftakt referierte Prof. Dr. Alfons Kenkmann, Universität Leipzig, Arbeitskreis Gedenkstätten NRW  über die frühe Gedenkstättenarbeit in Nordrhein-Westfalen. Anschließend sprach Prof.   Stefan Goch über die Themen der Erinnerungsarbeit in Gelsenkirchen.  Prof.  Goch stellte in seinen Ausführungen fest, dass im Bereich der Verbrechen der Polizei und Wehrmacht in der NS-Zeit ein Aufklärungs- und Dokumentationsdefizit besteht, erst in jüngerer Zeit habe man begonnen, sich mit den Tätern in den Reihen der Polizei zu beschäftigen. Des weiteren erwähnte er das Thema Zwangsarbeit und Widerstand in der NS-Zeit und die dahingehende Aufklärungsarbeit einer benachbarten Revierstadt, die hierbei eine Vorreiterrolle einnimmt, hinter der man in Gelsenkirchen (noch) zurücksteht, daran arbeite man jedoch.

Prof.  Jürgen Reulecke von der Justus-Liebig-Universität in Gießen stellte in seinem Vortrag die Frage: Erinnern und Gedenken – ein Generationsprojekt? Der zweite Teil des Workshops begann mit dem Vortrag von Prof.  Bernd Faulenbauch, Ruhr-Universität Bochum zum „Neuen Gedenken in den neuen Bundesländern“. Dr. Priamus beschäftigte sich seinem Beitrag mit der Institutionalisierung von Geschichte.  Dr.  Priamus betonte, das die Thematik „Flucht und Vertreibung“ in einer eigenen Dauerausstellung in Gelsenkirchen Erwähnung finden sollte. Prof.  Constantin Goschler, Ruhr-Universität Bochum sprach im Anschluss über Helden, Opfer und Täter:  Konjunkturen und Konkurrenz en der Erinnerung nach 1945.  Dr. Goschler schloss sein Referat mit der Bemerkung, das die Vertriebenen sozusagen die letzten Opfer der Hitler-Diktatur waren.

Am Nachmittag hielt Rainer Ohliger, Gründungs- und Vorstandsmitglied des Netzwerkes Migration in Europa ein Impulsreferat über die Geschichte und das Gedächtnis in der Einwanderungsgesellschaft. Dabei machte er auch die Rolle der Jüdischen Migranten aus den ehemaligen GUS-Staaten in der heutigen Gesellschaft deutlich.

Podiumsdiskussion

Die den Workshop abschließende Podiumsdiskussion wurde von Dr. Priamus, Rainer Ohliger vom Netzwerk Migration in Europa e.V.,  Dr. Nobert Reichling vom Jüdischen Museum in Dorsten, Gerd Dombrowski vom Kommunalen Bildungsbüro Gelsenkirchen und von Michael Sturm von der Mobilen Beratung im Regierungsbezirk Münster. Gegen Rechtsextremismus, für Demokratie (kurz MOBIM) moderiert. Die Teilnehmer des Workshops beteiligten sich eher zurückhaltend an der Podiumsdiskussion.

Elena Gubenko, Vorsitzende und Gründerin des jüdischen Kulturvereins KINOR e.V. in Gelsenkirchen, übrigens einzige teilnehmende Jüdin mit russischem Migrationshintergrund, stellte unter anderem die Frage zur Diskussion, warum der 9. Mai, der als Tag der Befreiung Europas vom Joch des Nationalsozialismus der wichtigste Tag in der Erinnerungskultur der jüdischen Veteranen aus der ehemaligen Sowjetunion, in Deutschland einen so geringen Stellenwert habe, es wäre aus Ihrer Sicht mehr als nur wünschenswert, die jüdisch-russischen Veteranen mit in die deutsche und lokale Erinnerungskultur einzubeziehen. Rainer Ohliger bemerkte dazu, dass die Gründe dafür wohl in der Tatsache zu suchen sind, dass die Deutschen „das Tätervolk“  seien und noch immer versucht werde, sich möglichst dieser Thematik zu entziehen. Gubenko weiter: „Die  Symbolisierung von Auschwitz für  den Völkermord trägt dazu bei, dass  die unzähligen Orte der Vernichtung in Osteuropa unerwähnt bleiben und so langsam dem kollektiven Vergessen anheim fallen, dem gilt es entgegenzuwirken“.

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